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Profis, Fans // Freitag, 11.09.2020

"Ich vermisse den Hockey-Lifestyle"

Er war einer der härtesten, vielleicht sogar der härteste Spieler des vergangenen Jahrzehnts in der Liga: Tim Conboy. Zwei Jahre lang (2012 – 2014) war der inzwischen 38-jährige Verteidiger Fels in der Brandung und ein wichtiger Anker in der ERC-Defensive. Nach einer Knie-OP musste er 2018 seine Karriere beenden. Im zweiten Teil unserer Sommerinterview-Reihe mit ehemaligen Größen der Panther haben wir mit ihm unter anderem über die Zeit nach der aktiven Laufbahn, seine Zeit in Ingolstadt und das Verhältnis zu David Wolf unterhalten.

Hi Tim, wie geht es dir und wo hast du dich mit deiner Familie nach deinem Karriereende 2018 niedergelassen?

Uns geht es gut. Wir leben jetzt in Lakeville, Minnesota. Das ist etwa zwanzig Minuten südlich von Minneapolis-Saint Paul. Auch zwei Jahre nach meinem Karriereende bin ich irgendwie noch immer dabei, mich an das „normale Leben“ zu gewöhnen. Es ist natürlich schön, die Familie und Freunde öfter sehen zu kennen, aber ich vermisse den Hockey-Lifestyle und natürlich das Spiel an sich

Wie ging es für dich seit 2018 beruflich weiter? Jared Ross hat uns letztens erzählt, dass er inzwischen für die NASA arbeitet. In welche Branche hat es dich verschlagen?

Ich habe einen Sales-Job, aber eigentlich geht die meiste Zeit dafür drauf, meinen Abschluss zu machen. Sobald ich den habe, kann ich richtig ins Berufsleben starten. Im Januar 2021 sollte es soweit sein. Ein paar Stellen habe ich in Aussicht, auf die ich mich bewerben kann. Ansonsten liegt mein Fokus noch auf dem Coaching. Ich trainiere ein Highschool-Team und die Mannschaften meiner Söhne.

Das wäre die nächste Frage gewesen, ob du noch im Eishockey involviert bist?

Ja. Highschool-Hockey ist in Minnesota wirklich eine große Nummer. Einmal im Jahr wird ein Turnier in der Arena der Minnesota Wild ausgetragen. Da spielen die Jungs dann in ausverkaufter Halle vor 20.000 Zuschauern. Ich trainiere aktuell das Team der Stadt in der ich lebe. Es macht Spaß noch im Eishockey aktiv zu sein, nach vorne zu schauen und den Kids möglichst viel von dem beizubringen, was ich während meiner Karriere gelernt habe. Selbst spiele ich aber nicht mehr. Mit meinem Knie kann ich nicht mehr so gut skaten, dass ich beispielsweise in einer Amateurliga spielen könnte. Aber um als Trainer auf dem Eis zu stehen und ein bisschen mit den Kindern zu skaten reicht es schon noch.

Du hast bereits erwähnt, dass deine Söhne auch Eishockey spielen. Ist da also schon das nächste Talent aus dem Hause Conboy in Sicht?

Ja, sie sind beide wirklich gute Spieler. Mein älterer Sohn Gunnar ist wirklich sehr gut. Er ist wahrscheinlich einer der besten Kids seines Jahrgangs hier in Minnesota. Es macht viel Spaß ihm dabei zuzusehen, wie er sich entwickelt, lernt und Spaß daran hat. Er ist technisch sehr gut, wofür ich ja eher nicht bekannt war. (lacht) Es ist schön jemanden in der Familie zu haben, der Tore erzielen kann.

Du hast schon erwähnt, dass du den Hockey-Lifestyle vermisst. Was genau fehlt dir am meisten?

Definitiv mit den anderen Jungs abzuhängen, in der Kabine Spaß zu haben und jedes Wochenende miteinander im Spiel zu kämpfen. Aber genauso auch abseits des Eises alles zusammen zu unternehmen. Die Familien und die Kinder sind immer zusammen gewesen und wir waren immer eine große Eishockey-Familie. Jetzt muss ich meine Wettkämpfe auf dem Golfplatz austragen. Das macht manchmal Spaß, manchmal verliere ich aber auch ein paar Dollar. (lacht)

Lass uns mal acht Jahre zurückblicken als du 2012 den Schritt nach Europa gewagt hast. Am College hast du bereits mit Joe Motzko zusammengespielt. Hat er damals eine Rolle bei deinem Wechsel zum ERC gespielt?

Ich wusste natürlich, dass er da war. Aber mit Ben Clymer war noch ein weiterer Spieler aus Minnesota beim ERC. Er war tatsächlich derjenige, der mich mit Ingolstadt und Jim Boni in Kontakt gebracht hat. Es war dann natürlich schön, dass ich mit Joe, Tim Hambly und auch Jeff Likens gute Freunde im Team hatte. Wir leben im Sommer alle nicht weit voneinander entfernt und erst vor ein paar Wochen haben wir zusammen eine Runde Golf gespielt.

Ingolstadt war deine erste Station in Europa. Wie groß war der Kulturschock als du hier angekommen bist?

Es war auf jeden Fall ein Unterschied. Ich war zuvor in meinem Leben noch nie in Europa und alles war sehr neu für mich. Zum Beispiel die Autobahn, die Sprache oder einfach nur herauszufinden, was ich eigentlich im Supermarkt kaufe. (lacht) Es war eine Umstellung, aber viele Jungs im Team, wie Tim Hambly, haben mir sehr geholfen und ein wenig die Richtung gezeigt. Als ich mich dann eingewöhnt hatte, habe ich es geliebt dort zu sein. Ich vermisse Ingolstadt und Deutschland definitiv.

Natürlich müssen wir über die Meisterschaft 2014 sprechen. Wie groß ist die Bedeutung dieses Titels im Rückblick für dich?

Dieser Titel hat die Welt für mich bedeutet. Jedes Kind träumt davon im Spiel sieben das entscheidende Tor zu schießen und die Meisterschaft zu holen. Viele Spieler bekommen diese Gelegenheit nicht. Diesen Playoff-Run zu erleben und das Ding zu holen, noch dazu auf diese einzigartige Weise, war sehr besonders. Das ist ein Band, dass uns immer verbindet. Wir haben immer noch eine Whatsapp-Gruppe zusammen. Man denkt gerne daran zurück und ich schaue mir mit meinen Söhnen oft dieses Spiel 7 an. Es fällt mir schwer die ganze Partie zu schauen ohne emotional zu werden und ein paar Freudentränen zu vergießen. Das bleibt für den Rest meines Lebens in meinem Herzen.

Wir haben das Jared Ross letztens auch gefragt: Wie oft denkt man im Alltag noch an die Meisterschaft, die Partys und alles drumherum?

Sehr oft. Ich denke ehrlich gesagt noch fast jeden Tag daran. Wir haben viele Andenken daran hier im Haus hängen und jedes Mal, wenn man dran vorbeigeht, zaubert es einem ein Lächeln ins Gesicht. Ich denke wir haben damals die ganze Liga geschockt, wie wir jeden aus dem Weg geräumt haben. Bei den Partys muss ich sagen gibt es doch die eine oder andere Erinnerungslücke, aber die Woche nach dem Sieg gegen Köln war auf jeden Fall eine der witzigsten meines Lebens.

Einige der Jungs von damals spielen immer noch oder wieder in der Liga. Travis Turnbull arbeitet jetzt wieder mit Niklas Sundblad zusammen, Ziga Jeglic ist im Sommer in die DEL zurückgewechselt. Verfolgst du den Weg der Jungs und die Liga noch?

Definitiv. Natürlich nicht so hautnah wie damals als ich noch selbst gespielt habe, aber ich versuche immer auf dem Laufenden zu bleiben. Ich schaue regelmäßig auf der Homepage oder auf Eliteprospects, wie die Tabelle aussieht, wer die Top-Scorer sind und so weiter. Man schaut schon, wo es die Jungs hin verschlagen hat und wie ihr Weg aussieht.

Vor sechs Jahren hast du Ingolstadt verlassen, dennoch sprechen die Fans noch immer in den höchsten Tönen von dir und wünschen sich einen Spielertypen wie dich im Team. Macht dich das stolz, dass du hier so tiefe Spuren hinterlassen hast?

Die zwei Jahre in Ingolstadt waren super. Leider hat es damals nicht funktioniert noch länger zu bleiben. In einer perfekten Welt hätte ich gerne noch mehr Zeit hier verbracht, obwohl es auch in Düsseldorf sehr schön war. Die Fans in Ingolstadt waren spitze und haben sich viele Gedanken um die Mannschaft gemacht. Wenn man gesehen hat, wie sie sich engagiert haben, wollte man jeden Abend bestmöglich spielen. Genauso hat es Spaß gemacht, sie neben dem Eis kennenzulernen. Ich fühle mich sehr geehrt, dass sie mich so respektiert haben und zu hören, dass sie immer noch positiv über mich reden, bedeutet mir sehr viel.

Vor einigen Wochen haben dich die Fans ins Team des Jahrzehnts gewählt. Hast du das mitbekommen?

Ja, das weiß ich. Michel Periard ist zusammen mit mir gewählt worden und er hat mir einen Screenshot geschickt. Ich bin da etwas altmodisch, wenn es um Social Media geht. Aber Miché hat es gesehen und mich angerufen. Wir haben ein bisschen darüber gesprochen und es fühlt sich schon toll an. Es gab in den letzten zehn Jahren so viele gute Spieler in Ingolstadt. Umso schöner ist es, dort hineingewählt worden zu sein. Das ist eine große Ehre.

Auch die Fans konnten Fragen an dich stellen und ziemlich viele drehten sich um deine Verbindung bzw. dein Verhältnis zu David Wolf. Würdest du sagen, dass er einer der Lieblingsgegenspieler war?

(lacht) Das ist witzig, dass viele danach fragen. Ja, Wolfi und ich hatten unsere Kämpfe, aber ich habe sehr großen Respekt für ihn. Er spielt sehr hart, wir sind ab und zu aneinandergeraten und in dem einen Spiel ist es dann übergekocht. Aber ich habe ihn in den Jahren danach auch ein paar Mal neben dem Eis getroffen und er ist ein super Typ. Das ist das schöne am Eishockey, dass man sich auf dem Eis bekriegt, aber nach dem Spiel ist es vergessen. Es war schön, ihn abseits des Eises ein bisschen kennenzulernen. Ich bin sicher, dass er eine lange Karriere haben wird.

Eine weitere Frage der Fans war, welches dein härtester Fight im Panther-Trikot war?

Das war in einem Vorbereitungs- oder European Trophy-Spiel gegen Mannheims Ken Magowan. Der war wirklich hart. Der Fight ging ziemlich lang, wir haben einige Treffer ausgeteilt und eingesteckt. Ich würde sagen, dass er am Ende unentschieden ausging.

Du hattest ja lange das Image als härtester Spieler der Liga. Hat dir diese Rolle gefallen?

Absolut. (grinst) Schon als Kind habe ich hart gespielt. Natürlich keine Faustkämpfe und so, aber ich habe schon immer aggressiv gespielt, das konnte ich und ich hatte keine Angst davor. Als ich älter wurde kam natürlich von Zeit zu Zeit das Kämpfen dazu. So ist das im Profigeschäft: Du nutzt die Dinge, die du gut kannst und arbeitest an Facetten, in denen du noch Verbesserungsbedarf hast. Wenn du einen Spieler im Team hast, der respektiert und gefürchtet zugleich ist, ist das gut. Und genau dieser Spieler wollte ich sein.

Nach deiner Knieoperation hast du 2018 deine Karriere beenden müssen. Wie hart war es, diese Entscheidung zu treffen?

Das war sehr schwer. Ich hatte eigentlich geplant bis in meine Vierziger zu spielen und wollte Deutschland nicht verlassen. Ich habe es geliebt, in Europa zu leben und meine Familie hatte sich gut eingelebt und es sehr genossen in Deutschland zu leben. Ich habe mit vielen Ärzten gesprochen, ob ich irgendetwas tun kann, um die Karriere noch etwas zu verlängern. Aber am Ende des Tages hätte es meiner Gesundheit geschadet und das Leben geht ja auch nach deiner Profikarriere weiter.

Ist es umso schwerer, wenn man den Zeitpunkt des Karriereende nicht selbst bestimmen kann, sondern durch eine Verletzung dazu gezwungen wird?

Mit Sicherheit. Obwohl ich mir nicht sicher bin, was schlimmer ist: Zu wissen, dass das Spiel, das gleich startet dein letztes sein wird oder wenn es von jetzt auf gleich passiert und du es nicht unter Kontrolle hast. Ich hätte es gerne nach meinen Bedingungen entschieden und hätte mir gewünscht noch ein paar Jahre spielen zu können.

Leider hast du nicht zum Legendenspiel kommen können. Haben dir die anderen Jungs einiges über die Tage erzählt, die sie hier verbracht haben?

Oh ja. Ich habe gehört, dass sie viel Spaß hatten und es war schade, dass ich nicht dabei sein konnte. Vielleicht wird in den nächsten Jahren nochmal so etwas organisiert. Die Jungs haben das ganze Wochenende über Bilder in unsere Whatsapp-Gruppe gepostet. Joe und Tim haben mir auch welche geschickt und mir schöne Grüße von vielen Leuten ausgerichtet. Ich vermisse die Leute in Ingolstadt schon.

Damit sind wir am Ende angekommen. Vielen Dank für deine Zeit Tim und weiterhin alles Gute.

Ich muss mich bedanken. Das war super und hat sehr viel Spaß gemacht. Vielen Dank.

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