Fans // Montag, 24.08.2020
"Ingolstadt steht auf meiner Bucket-List"
Fünf Jahre trug Jared Ross das Panther-Trikot und prägte die erfolgreichsten Jahre der Clubgeschichte mit. 2016 beendete der quirlige Stürmer seine Karriere und wurde vor wenigen Wochen von den ERC-Fans ins Team des Jahrzehnts gewählt. Nun lebt der 37-Jährige mit seiner Familie wieder in den USA. Im ausführlichen Interview haben wir uns mit ihm unter anderem über seinen Weg aus Alabama zum Eishockeyprofi, seine Zeit in Ingolstadt, ein Mini-Comeback und eine ganz besondere Spendenaktion unterhalten.
Jared, wie geht es dir und wo erwischen wir dich gerade?
Ich lebe jetzt mit meiner Familie in Huntsville, Alabama. Hier bin ich geboren, aufgewachsen und habe am College gespielt. Uns geht es allen gut. Ich bin gut beschäftigt mit meinem Job, meine Kinder spielen hier Eishockey und Fußball (sagt es auf Deutsch). Das wird vielleicht einige in Ingolstadt freuen zu hören, dass ich einen Fußballspieler habe. (lacht)
Du hast erwähnt, dass du in deiner Heimatstadt Huntsville lebst. In welche Branche hat es dich jobmäßig denn verschlagen?
Ich arbeite für eine Firma namens Lidos hier in Huntsville in einem NASA-Zentrum und kümmere mich um die Geschäftsentwicklung.
Du hast außerdem noch die Ross Hockey-Schule. Das machst du also nur nebenbei?
Genau. Bei „Rosshockey“ trainiere ich mit Kindern und gebe Privatstunden auf dem Eis. Wir machen auch Off-Ice- und Konditionstraining. Ich bin außerdem noch ehrenamtlich als Trainer der Teams meiner Kinder im Eishockey involviert. Meine Söhne sind jetzt elf und sieben Jahre alt. Ich habe also gut zu tun.
Hier in Deutschland wird natürlich aktuell auch viel über die Corona-Lage in den USA berichtet. Wie erlebst du die Situation in Alabama?
Bei uns ist es aktuell so, dass die Kinder jetzt wieder Schule haben, aber von zu Hause aus. Also es geht noch keiner in die Klassen wie früher. Zum Glück können die Kids jetzt wieder gemeinsam Sport machen. Das war eine Zeit lang verboten. Es gibt natürlich Restriktionen. Überall wo wir hingehen müssen wir beispielsweise Masken tragen. Restaurants haben wieder geöffnet und du darfst die Maske erst am Tisch abnehmen. Es gibt also viele Einschränkungen. Ich arbeite jetzt seit März im Homeoffice und das ist ziemlich herausfordernd, wenn man gleichzeitig mit den Kindern Homeschooling macht.
Im Mai hast du mit einigen weiteren Ex-Spielern der University of Alabama in Huntsville versucht eine Million Dollar zu sammeln, um das Hockey-Programm der Uni zu retten, das wegen der Auswirkungen der Pandemie eingestellt hätte werden soll. Das war eine echte Herzensangelegenheit von dir?
Ja, es ist irgendwie das Vermächtnis meines Vaters. Er hat 1982 mit einem Mann namens Joe Rich damit angefangen, das Hockey-Programm an der Uni aufzubauen. Nachdem mein Vater vor gut zehn Jahren nach 25 Jahren als Coach zurückgetreten ist, hatten sie zuletzt schwere Zeiten, nicht so viel Erfolg und sich daher in der Pandemie entschieden, das Programm einzustellen. Also haben wir als Gruppe beschlossen Geld zu sammeln. Der Universitätspräsident hat uns gesagt, wir müssten eine Million Dollar innerhalb einer Woche sammeln, um das Programm am Leben zu erhalten. Das haben wir tatsächlich geschafft. Ich glaube damit haben wir viele Leute überrascht. Wir haben viel mit lokalen Medien zusammengearbeitet, viele ehemalige Absolventen mit ins Boot geholt und sogar Unterstützung von einigen NHL-Spieler wie Patrick Kane und Cam Talbot bekommen. Es gab viel Support in der Stadt und der Eishockey-Community.
Du hast deine Karriere in Huntsville gestartet. Eigentlich ist Alabama ja ein Staat, in dem man verrückt nach American Football ist. Hat dich also dein Vater zum Eishockey gebracht?
Ja, mein Vater wurde in Detroit, Michigan geboren und hat 1976 auch für die USA bei Olympia gespielt. 1982 hat er das Angebot bekommen hier an der Uni als Coach anzufangen und dann kam auch schon ich. Mit dem Spielen habe ich also hier angefangen, aber meine Eltern haben mich in der Highschool-Zeit nach Michigan geschickt, um mich besser zu entwickeln und Erfahrung zu sammeln. Und von da bin ich dann gestartet.
Du bist der erste Spieler, der in Alabama geboren und aufgewachsen ist und es in die NHL geschafft hat. Im Rückblick auf deine Karriere: Ist das etwas, auf das man besonders stolz ist?
Der Weg, den ich nehmen musste, um in die NHL zu kommen, war schwer. Aber ich habe nie wirklich realisiert, dass ich eine Chance habe es zu schaffen, bis ich meine College-Karriere abgeschlossen hatte. Wie du schon gesagt hast, ist Alabama nicht bekannt für Eishockey und ich wusste nicht genau, wie groß meine Fähigkeiten im Vergleich zum weltweiten Profipool wirklich sind. Als ich meine Profi-Karriere gestartet habe, bekam ich die Chancen, mich zu beweisen und habe sie genutzt. Und so kam ich dann in die NHL. Darauf bin ich sehr stolz, aber es ist auch bittersüß, weil ich denke, dass ich länger dortbleiben hätte können. Man fragt sich schon, was man hätte tun können, um sich noch mehr festzusetzen.
2011 bist du dann nach Ingolstadt gewechselt. Wenn du auf die fünf Jahre hier in Deutschland blickst, wie bewertest du die Zeit ganz allgemein?
Das waren einige meiner besten Jahre meiner Karriere. Wir haben es genossen die Kultur und die Menschen in der Stadt kennenzulernen. Und dann auch noch eine Meisterschaft zu gewinnen war ein absolutes Highlight meiner Karriere. Wir hatten in diesem Jahr eine super Truppe zusammen. Das war sehr speziell. Nicht nur für die Spieler, sondern für die ganze Stadt, die hungrig auf den Titel war. Ich vermisse Ingolstadt, die ganze Region und dort zu spielen schon noch manchmal und hoffe, dass ich eines Tages mal wieder auf einen Besuch vorbeischauen kann. Das steht definitiv auf meiner Bucket-List.
Die Meistersaison war aufgrund deiner Rückenverletzung wohl eine deiner schwersten Spielzeiten überhaupt. Hat der Titelgewinn daher nochmal einen ganz speziellen Stellenwert für dich?
Das war der schwierigste Start in eine Saison, den ich jemals hatte. Die Ärzte dort haben mir gesagt, dass es durchaus möglich ist, dass ich vielleicht nicht mehr spielen kann. Aber sie haben einen super Job gemacht und mich wieder hingebracht. Daher ein ganz besonderer Dank an sie. Ich bin vielleicht sogar ein bisschen zu früh zurück aufs Eis und hatte nicht meine Topform, aber wieder spielen zu können und diese Playoffs zu absolvieren war natürlich ein super Ende der Saison.
Kommen dir die Gedanken an den Titel und die Partys danach im Alltag manchmal in den Sinn?
Ich erinnere mich nicht an die Partys. (lacht) Klar, da denkt man schon noch dran. Ich habe in meinem Büro Bilder davon hängen und die Uhr, die wir damals bekommen haben, erinnert mich daran. Man denkt schon regelmäßig daran. Aber auch an das Jahr darauf, als wir im Finale gegen Mannheim waren. Wir hatten da ein super Team und sind wieder so weit gekommen.
Wir haben auch einige Fan-Fragen gesammelt. Die erste ist von Lukas: Welches Spiel im Panther-Trikot wirst du niemals vergessen?
Etwas an das ich öfter denken muss, ist ein Spiel in meinem vorletzten Jahr 2015. Wir hatten unter Larry Huras ein super Team und vor dem letzten Heimspiel der Hauptrunde hatte ich gerade meinen Vertrag verlängert. Ich habe ein super Spiel gemacht und nach dem Match stand ich mit dem Stadionsprecher vor der Kurve und konnte den Fans die Nachricht überbringen. Ich werde nie vergessen, wie sie sich gefreut haben. Das hat mir viel bedeutet.
Eine weitere Fan-Frage war, ob du noch Kontakt zu einigen deiner ehemaligen Teamkollegen hast?
Ab und zu spreche ich noch mit ein paar Jungs. Jean-Francois Boucher hat mit mir über das Legendenspiel gesprochen. Leider konnte ich damals nicht kommen, aber ich habe zu einigen Jungs gesagt, wenn es sowas nochmal gibt, will ich versuchen dabei zu sein.
Vor einigen Wochen haben wir das Panther-Team der Dekade gesucht und die Fans haben dich zum Center der zweiten Reihe gewählt. Hast du das mitbekommen?
Das habe ich im Internet gesehen. Es ist wirklich cool, dass sie mir diese Ehre zuteilwerden lassen. Ich habe mich wirklich gefreut und bin stolz, Teil dieses Teams zu sein.
Nachdem du Ingolstadt verlassen hattest, hast du deine Karriere beendet. War es damals für dich klar, dass du nicht mehr weiterspielst?
Eigentlich hatte ich überlegt noch in Österreich weiterzuspielen. Daher war das nicht von Haus aus mein Plan. Es wäre schön gewesen noch zwei, drei Jahre zu spielen – am besten in Ingolstadt. Aber ich hatte damals keine gute Saison, so wie das ganze Team und man wollte eine Veränderung. Das ist Teil des Lebens als Eishockeyprofi. Aber sie können mich gerne anrufen, dann mache ich nochmal ein paar Spiele. (lacht)
Vor zwei Jahren hast du ja sogar nochmal ein kleines Comeback in der ECHL gefeiert. Wie kam es dazu?
Einer meiner Freunde, der für die Atlanta Gladiator spielte, hat uns besucht und ich habe ihm scherzhaft gesagt, wenn sie jemals einen Notfall-Spieler brauchen, weil sie Verletzungsprobleme haben, soll er mich anrufen. Schließlich bin ich nur drei Autostunden entfernt. Und im Dezember 2018 hat er mir dann tatsächlich eine Nachricht geschickt und gefragt ob meine Beine frisch genug sind, um dieses Wochenende zu spielen und ich habe ihm geantwortet, dass ich mich ganz gut fühle. Zumindest nicht müde. (lacht) Also bin ich hingefahren und habe für ein paar Spiele ausgeholfen. Das hat wirklich Spaß gemacht.
Du hattest dich scheinbar in den zwei Jahren, die du zuvor nicht gespielt hast, gut fit gehalten? Immerhin hast du in neun Spielen vier Scorerpunkte gesammelt.
Ja, das ist mir schon wichtig, dass ich in Form bleibe. Einmal pro Woche gehe ich noch aufs Eis. Aber ich war wahrscheinlich nicht mal annähernd in der Form, in der ich hätte sein sollen. Noch dazu habe ich auf dem Flüglel gespielt. Also musste ich auch noch mehr skaten im Vergleich zur Centerposition.
Damit sind wir am Ende angekommen. Vielen Dank für deine Zeit Jared und alles Gute.
Sehr gerne. Es hat mir Spaß gemacht.
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