ERCI - MAN 3:4 // Sonntag, 15.09.2002
Punkte und Jason Ruff verloren - Sympathien Stewarts gewonnen
Am Ende war eigentlich alles wie (fast) erwartet. Allerdings grinste Mannheims Trainer Bill Stewart im VIP-Bereich des ERC Ingolstadt wie ein Honigkuchenpferd. Nach eigenen Angaben wusste er, dass es beim Neuling sehr schwer werden würde, dass was er an der Donau allerdings erleben musste erstaunte ihn doch so sehr, dass er am Ende voll des Lobes für den Aufsteiger war und mitteilte, das der ERCI in der DEL sehr willkommen ist. Überschattet wurde das ganze aus Ingolstädter Sicht von einer schweren Verletzung von Jason Ruff. Hinter dem Tor von Mike Rosati zog sich der Stürmer einen Bruch am Arm zu, näheres konnte bis zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht ermittelt werden.
Was war passiert? Begonnen hatte alles mit einem Bullygewinn von Jason Young gegen Devin "Edgerton" (Lautsprache: Edschert'n o.s.ä.). Gleich von Beginn an bekam man einen Vorgeschmack darauf, was einen im weiteren Verlauf der Partie erwarten würde. Schwungvoll und mit viel körperlichem Einsatz starteten die beiden Teams in die Begegnung. Die erste Chance ging auf das Konto der Gäste, die heute auf acht Spieler ihres Kaders verletzungsbedingt, oder wegen NHL-Sichtungs-Camps verzichten mussten.
Eine weitere Premiere feierte der ERCI in der DEL. In der vierten Minute gingen die Jungs von Jim Boni zum ersten Mal in einem Spiel in Deutschlands Eliteliga in Führung. Mitten in einen Angriff der Blauen fuhr Kent Fearns und den Abpraller von dessen Schläger nahm Sean Tallaire auf, stürmte über die rechte Seite Richtung Mike Rosati. Vor dem Tor, verzögerte er kurz, täuscht noch einmal an, bricht dann noch weiter nach rechts raus und hat plötzlich ein Riesen Loch vor sich, weil der Mannheimer Keeper schon erheblich weit aus dem Kasten raus war und deshalb keine Reaktionschance mehr hatte, 1:0 für Ingolstadt.
Einer weiteren Chance durch die dritte Reihe folgte die erste Unterzahl für die Panther, hier zeigte sich Mike Bales allerdings als Turm in der Schlacht, der u.a. einen Schuss von Thomas Martinec entschärfte.
Eine schöne Szene hatte Terry Campbell in der zehnten Spielminute. Mit Christoph Melischko und Neville Rautert an der Seite führte er heute die vierte Sturmreihe in die "Schlacht". Zwei Mannheimer spielte er schwindlig, als er sich an der Bande auf der Fläche eines Bierdeckels abrupt drehte und die beiden Gästespieler stehen ließ. Nur kurze Zeit später vergab Sean Tallaire und im Nachschuss Shayne Toporowski eine Möglichkeit, das Ergebnis auf 2:0 auszubauen. Die Hausherren hatten in der Folgezeit weitere gute Angriffe, scheiterten aber entweder an Mike Rosati (Bouchard, 11.), oder aber vor dem Tor war keine Anspielstation zu finden (Groleau, 12.). Vier Minuten vor der ersten Drittelpause hätte Francois Groleau beinahe ein Eigentor erzielt, als er einen Ruff-Schuss noch abfälschte. Danach rasselten Jason Ruff und Thomas Martinec zum ersten Mal (und nicht zum letzten Mal) zusammen, was für beide zwei Minuten auf der Strafbank einbrachte. Nur kurze Zeit später schlug Ilja Vorobjev gegen Jean-Francois Jomphe nach, der Hauptschiedsrichter sah die Szene, bekam Szenenapplaus und der Mannheimer zwei Minuten - somit Ingolstadt in Überzahl, welche allerdings nichts einbrachte. Die dritte Formation hatte zwar einige gute Aktionen, allerdings fehlte dieser Reihe in Überzahl das Element auf der rechten Seite, evtl. weil Jim Boni im Powerplay für Rainer Suchan entweder Jason Ruff, oder Jason Young als Center mit Sam Groleau und Glen Goodall ins Rennen schickte.
Den ersten Warnschuss im zweiten Drittel gab Todd Hlushko ab, Mike Bales meisterte diesen allerdings souverän (23.). Danach keimten weitere kleine Nicklichkeiten auf, die vom gut leitenden Referee Rademaker nicht geahndet wurde. Mike Bales war in dieser Phase erneut der ruhende Pol der Panther. Egal, ob ein Schlagschuss von Sascha Goc, oder ein Nachschuss von Mike Kennedy, alles sichere Beute für den Keeper der Panther. So ab der Mitte der Partie schien der Druck der Gäste, der sich anfangs des zweiten Drittels aufgebaut hatte etwas nachzulassen und die Gastgeber konnten sich zusehends wieder vor Rosati festsetzen. Mitten in diesen Umschwung platzte in der 32. Minute die Verletzung von Jason Ruff, die sich ziemlich schnell als Bruch des Armes herausstellte. Ab da war die Konzentration weg, der Kampf wurde nicht mehr angenommen und es wurde nicht mehr auf den Körper gespielt, wie im ersten und später wieder im letzten Abschnitt. Es dauerte nicht lange, da hatten dies die Mannheimer erspäht und fingen nun an ihre Gelegenheiten auszunutzen. Steve Junker und Sascha Goc beispielsweise spielten mit Sascha Genze Katz und Maus, bei der 1-2-Situation war am Ende auch Mike Bales machtlos. Fast im Gegenzug zappelte das kleine Hartgummi zwar wieder hinter Rosati im Netz, Anders Myrvold hatte es aber nicht versäumt, im Vorfeld dieser Aktion das Tor zu verschieben, was ihm eine kleine Strafe einbrachte. Doppelt bitter, dass in dieser Überzahlsituation der Mannheimer Führungstreffer fiel: eine weitere Unaufmerksamkeit und eine zu offensive Ausrichtung nutzten die Gäste über Andy Roach erneut gnadenlos aus.
Auf die Überzahl- folgte nur wenige Augenblicke später eine Unterzahlsituation, als Christoph Melischko gegen Chris Joseph aus der Massenkeilerei hinter Mike Rosati mit zwei Strafminuten mehr herauskam. Kaum war die Strafzeit des Garmischers abgelaufen, die Tür hinter ihm fiel gerade wieder ins Schloss, erkannte Todd Hlushko die einzige Unachtsamkeit von Mike Bales. Nach einem Schlagschuss von der blauen Linie kam der Schanzer Keeper nicht gleich wieder auf die Kufen und saß ca. zwei Meter vor dem Kasten. Den Abpraller schnappte sich Hlushko und schloss zum 1:3 ab. Zwar feuerten die Ingolstädter daraufhin ihre Mannschaft weiter frenetisch an, aber nicht wenige im Stadionrund dachten eigentlich, dass die Partie gelaufen schien. Dem allerdings weit gefehlt. 50 Sekunden vor dem Ende des zweiten Drittels war es Francois Bouchard, der den Anschlusstreffer erzielen konnte.
Mit einer Energieleistung die seinesgleichen sucht, kam der ERCI im letzten Drittel noch einmal aufs Eis und verlangte den Gästen noch einmal alles ab. Sean Tallaire hätte in der 44. Minute eigentlich bereits den Ausgleich machen müssen, allerdings fehlte ihm, wie auch der dritten Reihe fortan das nötige Fortune.
Neville Rautert, der nach der Verletzung Ruffs zwischen vierter und erster Reihe hin- und herwechselte, genauso wie Christoph Melischko, entwischte Chris Joseph, der sich nur mit einem Halten ggen den Ingolstädter Youngster zu helfen wusste. Nach dem Pfiff des Unparteiischen gab Joseph Rautert noch eine kleine mit auf den Weg und nur beim Versuch sich zu revanchieren, fiel der 510-fache NHL-Spieler Joseph wie eine reife Frucht aufs Eis. Da konnte sich sogar der Linesmen dass Schmunzeln nicht verkneifen, sofort gab dieser dem Hauptschiedsrichter allerdings zu verstehen, dass es sich hierbei nur um eine Schwalbe handelte, die Andi Möller zu seinen besten Zeiten alle Ehre gemacht hätte.
In der 54. Minute war es dann schließlich soweit, Glen Goodall verwertete einen Angriff über Francois Bouchard und Sam Groleau zum vielumjubelten Ausgleich, der Pantherkäfig kochte jetzt endgültig. Die Panther blieben weiter am Drücker, versuchten jetzt die Partie wieder zu ihren Gunsten zu drehen, am Ende ging der Schuss allerdings nach hinten los. Wayne Hynes fackelte bei einer sich ihm bietenden Möglichkeit nicht lange und wuchtete zwei Minuten vor dem Ende die Scheibe unter die Latte ins Ingolstädter Gehäuse. Zwar nahmen die Raubkatzen noch ihren Keeper vom Eis, der Ausgleichstreffer blieb ihnen allerdings verwehrt.
Dennoch war es ein Genuss, zuzusehen, wie der Aufsteiger dem Vizemeister der DEL im letzten Abschnitt noch einmal entgegen getreten ist und diesen noch einmal ins Wanken brachte. Eine Partie, die auch dem Gästecoach Bill Stewart sichtlich Appetit auf mehr machte.
DEL, 4. Spieltag
ERCI MAN
Tore
1:0 Sean Tallaire (4.)
1:1 Sascha Goc (33.)
1:2 Andy Roach (35.)
1:3 Todd Hlushko (37.)
2:3 Francois Bouchard (40.)
3:3 Glen Goodall (54.)
3:4 Wayne Hynes (59.)
Zuschauerzahl
3.160 Zuschauer
Schiedsrichter
HSR: Axel Rademaker
LM: Andreas Sprenger
LM: Christian Walter
Strafminuten
Ingolstadt: 18 min.
Mannheim: 28 min.
Torschüsse
Ingolstadt: 18 Torschüsse
Mannheim: 30 Torschüsse
Bullies
Ingolstadt: 33 (46%)
Mannheim: 39 (54%)
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Trainerstimmen - Bill Stewart (Adler Mannheim)
Der Schiedsrichter heute Abend war gefährlich. Heute haben zwei Mannschaften mit Leidenschaft gespielt. Es war ein tolles Spiel heute Abend. Wir wussten, dass es hier schwer ist zu gewinnen, weil die Ingolstädter sehr gut spielen. Ein Kompliment an Jimmy und seinen Trainerstab, es ist sehr schwer gegen sie zu spielen und wir haben heute viel Respekt vor ihnen bekommen. Es ist super jetzt und in der Zukunft so eine Mannschaft wie Ingolstadt in der DEL zu haben und ich glaube mit der neuen Arena sind sie eine echte Bereicherung für das deutsche Eishockey. Viel Glück.
Trainerstimmen - Jim Boni (ERC Ingolstadt)
Mannheim hat heute Abend sehr sehr stark gespielt aber ich möchte meiner Mannschaft auch gratulieren, sie haben alles gegeben. Nach einem 3:1 Rückstand ist es nicht einfach gegen Mannheim den Ausgleich wieder herzustellen. Hut ab vor diesen Jungs. Die Stimmung war heute super, der siebte Mann auf dem Eis waren wieder einmal die Fans, hoffentlich geht das weiter so. Das Spiel hat für uns sehr gut angefangen, im zweiten Drittel haben wir ein paar Minuten verschlafen. Aber die Jungs haben bis zum Ende nicht aufgegeben. Es ist schwer gegen Mannheim einen 3:1 Rückstand aufzuholen. Es ist immer Schade wenn es ein paar Minuten vor Ende 3:3 steht und dann bekommst du das 4te Tor. Klar, dass wir mit einem Unentschieden zufrieden gewesen wären, aber das war heute nicht der Fall. Aber trotzdem haben wir uns in den ersten vier Spielen, bei denen wir immer gegen starke Mannschaften antreten mussten, gut verkauft. Die Enttäuschung heute Abend ist nicht das Spiel, sondern die Verletzung von Jason Ruff, er hat eine Fraktur am Arm, sodass er längere Zeit ausfallen wird, das ist für uns ein schwerer Ausfall. Ich bin sehr stolz auf meine Mannschaft, sie haben alles gegeben, mehr kann man nicht verlangen. Ich glaube wir haben gut mitgehalten, auch wenn Mannheim heute nicht komplett war, es fehlten 4-5 starke Spieler, ich bin sicher, dass wir nächstes Mal eine anderes Mannheim zu Gesicht bekommen. Dankeschön für die tolle Unterstützung.