Profis // Donnerstag, 14.05.2009
Jürgen Arnold im Interview
Im Interview auf erc-ingolstadt.de äußerst sich der Aufsichtsratsvorsitzende der Deutschen Eishockey Liga (DEL) und ERC- Geschäftsführer Jürgen Arnold über die aktuelle Entwicklung der Nationalmannschaften und die zukünftige Rolle der DEL.
Wie sieht die DEL die Auftritte der Nationalmannschaft?
«Die Entwicklung ist schlichtweg enttäuschend. Nicht nur aus Sicht der DEL, sondern für alle Eishockeyfans in Deutschland. Die WM in Kanada war schon ein Debakel, die Schweiz hat sich leider nahtlos angefügt. Aber es ist ja nicht nur die A-Nationalmannschaft. Die Entwicklung im Nachwuchs ist ebenso enttäuschend. Die U18 und die U20 sind beide abgestiegen. Und jetzt haben wir in einem Jahr die WM in Deutschland. Eigentlich soll das ein großes Eishockeyfest werden und unsere Sportart voranbringen.»
Was erwartet die DEL von der Nationalmannschaft?
«Die Nationalmannschaft muss ein wesentliches Zugpferd unserer Sportart sein. Aktuell aber hilft sie uns aber weder sportlich noch inhaltlich, ganz im Gegenteil. Und genau das bereitet uns große Sorgen. Die DEL bietet beste Unterhaltung, wir haben tolle Arenen mit guten Zuschauerzahlen und bieten den Fans ein gutes Rahmenprogramm rund um unsere Spiele. Aber vor allem bieten wir spannenden Sport. Wir sehen die gute Entwicklung der Liga und damit auch des hochklassigen Eishockeysports in Deutschland insgesamt gefährdet. Die Nationalmannschaft muss sich in der öffentlichen Wahrnehmung professioneller und erfolgreicher präsentieren. Deshalb streben wir eine stärkere Kontrolle und einen aktiven Part bei der Nationalmannschaft an. Wir haben ein Konzept entwickelt, wie wir uns den Auftritt der Nationalmannschaft vorstellen, vom Sport über die Vermarktung bis hin zum Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit. Wir wollen stärker involviert sein. Dieses Konzept werden wir mit dem Deutschen Eishockey-Bund (DEB) besprechen.»
Und was erwarten Sie im Bezug auf den Nachwuchs?
«Die DEL- Clubs und ihre Stammvereine investieren pro Jahr einen vielfachen Millionenbetrag in die Ausbildung von jungen Spielern. Zudem haben wir in den letzten Jahren sukzessive den Anteil an deutschen Spielern in der DEL erhöht. Mittlerweile sind fast zwei Drittel aller Spieler Deutsche. Das ist einmalig im deutschen Profisport.
Aber der Übergang von der Deutschen Nachwuchs Liga (DNL) in den Profibereich funktioniert nicht. Es gibt zu wenig Spiel- und Entwicklungsmöglichkeiten für 17- bis 22jährige Talente. Der Sprung vom Nachwuchs in die DEL ist in den meisten Fällen einfach zu groß. Die bestehenden Konzepte des DEB funktionieren offenbar nicht. Es kann nicht angehen, dass ein 18-Jähriger Spieler in seiner Entwicklung stehen bleibt, nur weil er nirgends aufs Eis kommt. Diese Defizite müssen wir schnellstens abstellen. Da sind auch die unteren Ligen gefordert, vor allem die 2. Bundesliga und die Oberliga.»
Welchen Zeitplan sieht die DEL?
«Es ist angesichts der aktuellen Lage nachvollziehbar, dass wir am liebsten morgen mit Veränderungen starten würden. Es gibt große Einigkeit innerhalb der Liga, dass wir nicht weiterhin nur zusehen wollen. Allerdings läuft der aktuelle Kooperationsvertrag zwischen der Liga und dem Verband, der das Miteinander regelt, noch bis 2011. Aber mit Beginn eines neuen Vertrages wollen wir definitiv massive Veränderungen sehen. Vielleicht bekommen wir erste Schritte schon vorher hin, wenn der DEB dazu bereit ist. Wir würden das sehr begrüßen. Auf Sicht von zehn Jahren wollen wir das Thema insgesamt auf einem ganz anderen Niveau sehen. Wir wollen deutlich näher an die Weltspitze heranrücken.»
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